05.03.2013 - Rede der FWV zum Haushaltsplan 2013
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kraut,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
„Überall in Europa haben die Schulden enorm zugenommen, die heute in allen großen Staaten als drückend empfunden und auf die Dauer vermutlich zum Ruin führen werden.“ Dieses Zitat stammt aus dem Buch „Wealth of Nations“ des bekannten Ökonomen Adam Smith. Erschienen ist dies aber nicht etwa vor wenigen Tagen, sondern im Jahr 1776.
Damit zeigt dieses Zitat zwei Dinge auf. Zum einen warnt es deutlich vor dem Thema Verschuldung. Zum anderen zeigt der historische Blick auf das Zitat, dass wir uns bei all den Diskussionen um die Schuldenkrise aber auch nicht verrückt machen dürfen und erstarren. Denn es muss weitergehen und es ist stets auch irgendwie weitergegangen.
Im Hinblick auf unseren Gemeindehaushalt heißt dies, mit besonderem Bedacht an verschiedene Entscheidungen heranzugehen. Wir müssen aufpassen, dass unsere Schulden nicht aus dem Ruder laufen und wir dürfen dies nicht auf die leichte Schulter nehmen. Gleichzeitig sollten wir uns aber eben auch nicht verrückt machen und stets auch die weitere Entwicklung der Gemeinde vor Augen haben.
Aus diesem Grund waren die Freien Wähler in den letzten Jahren besonders bemüht, Entscheidungen genau abzuwägen. Radikale Steigerungen bei der Grundsteuer oder eine Erhöhung der Gewerbesteuer waren daher auch nicht mit uns zu machen.
Und immerhin: In den letzten beiden Jahren hat unsere Gemeinde dennoch etwas geschafft, von dem viele Kämmerer und Finanzminister nur träumen können. So wurden in den Jahren 2011 und 2012 keine neuen Schulden aufgenommen und der Schuldenstand von 6,3 Millionen Euro im Jahr 2010 auf 5,5 Millionen Euro in 2012 gesenkt. Dies entspricht einem Rückgang der Pro-Kopf-Verschuldung von 1.137 Euro auf nunmehr 1.001 Euro.
Natürlich ist diese Entwicklung hauptsächlich auf eine deutlich verbesserte Einnahmensituation, vor allem bei der Gewerbesteuer und beim Einkommenssteueranteil, zurückzuführen. Hierzu sei allerdings angemerkt, dass auch zahlreiche andere Kämmerer und Finanzminister in der letzten Zeit Rekordsteuerinnahmen vermelden konnten. Ihr Haushalt war in vielen Fällen dennoch nicht ausgeglichen.
Auch ist es keinesfalls so, dass in unserer Gemeinde nicht oder wenig investiert wurde. Ganz im Gegenteil: der Vermögenshaushalt und die umgesetzten Baumaßnahmen erreichten in den vergangenen beiden Jahren wieder Volumina von mehreren Millionen Euro.
So wurden im letzten Jahr alleine 1,4 Millionen Euro in den Bau der Ostangente investiert und damit in eine Maßnahme, für die sich die Freien Wähler seit Jahren stark gemacht haben, da hierdurch beachtliche Chancen für die Dorfentwicklung entstehen. Dass diese Maßnahme zudem zu mehr als 60 Prozent durch Zuschüsse finanziert wird, sprach aus unserer Sicht neben den potenziell günstigen Finanzierungskonditionen natürlich ebenfalls dafür, diese Maßnahme unbedingt zu realisieren.
Hohe Zuschussbescheide waren es letztlich auch, die zwei weitere Projekte ermöglichten. Zum einen den Umbau des Heimatmuseums und zum anderen die Sanierung bzw. den Umbau der Ortsbücherei Sontheim, die am Freitag ja wieder feierlich eröffnet wird. Beide Maßnahmen zusammen schlagen mit etwa 200.000 Euro zu Buche. Durch Zuweisungen aus dem Programm Leader werden aber fast zwei Drittel dieser Kosten gefördert. Folglich ist es an zwei sinnvollen Stellen gelungen, unsere Gemeinde wieder einmal ein Stückchen lebenswerter zu machen, ohne dass uns dies all zu viel gekostet hat.
Doch trotz einer gewissen finanzpolitischen Solidität in den vergangenen beiden Jahren sollten wir uns aber nicht blenden lassen. So muss stets im Hinterkopf behalten werden, dass Eigenbetriebe und Zweckverbände in den von mir genannten Zahlen noch gar nicht berücksichtigt sind.
Auch wird schon dieses Jahr die Verschuldung wieder steigen. Laut Haushaltsplan um ca. 300.000 Euro auf 5,8 Millionen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass diesem Plan eine Steuerschätzung zu Grunde liegt, die für 2013 durchaus von beachtlichen Steuereinnahmen ausgeht.
Warum wir voraussichtlich dennoch neue Schulden aufnehmen müssen, ist schnell ausgemacht. So hat sich zum Beispiel das Volumen unseres Verwaltungshaushaltes in den vergangenen zehn Jahren um 50 Prozent auf nun 12 Millionen Euro erhöht. Selbstverständlich ist dabei zu beachten, dass alleine schon die allgemeine Preissteigerung im genannten Zeitraum mehr als zehn Prozent betrug. Dies ändert aber nichts daran, dass den Städten und Gemeinden in den letzten Jahren von höherer Stelle immer mehr Aufgaben aufgebrummt wurden und auf diese Weise die laufenden Ausgaben drastisch erhöht wurden.
Besonders prägnant lässt sich diese Entwicklung am Beispiel der Kinderbetreuung darstellen. So beläuft sich alleine die so genannte Abmangelbeteiligung an den kirchlichen Kindergärten für das Haushaltsjahr 2013 auf 1,1 Millionen Euro. Das entspricht einer gewaltigen Steigerung gegenüber dem angesprochenen Jahr 2004.
Immerhin sorgen neue Regelungen seit 2012 für mehr Zuweisungen des Landes in diesem Bereich. Die gemeindliche Belastung in Form der Abmangelbeteiligung bleibt insgesamt natürlich trotzdem beachtlich. Deshalb war es aus unserer Sicht auch richtig, es den umliegenden Kommunen gleichzutun und eine gewisse Anpassung der Gebühren vorzunehmen. Wichtig war den Freien Wählern dabei, die Gebührenstruktur zwischen Kindergarten sowie Kinderkrippe möglichst gerecht zu gestalten und die Eltern nicht finanziell zu überfordern. Gleichzeitig sind wir der Überzeugung, dass Familien mit mehreren Kindern entlastet werden müssen.
Die gefundene und bereits umgesetzte Lösung entspricht diesem Ansatz. Zugleich sorgt sie - trotz im Kreisvergleich immer noch sehr moderater Gebührensätze - dafür, dass unser Haushalt zumindest etwas entlastet wird.
Freilich kann es sich dabei aber nur um den bekannten Tropfen auf dem heißen Stein handeln. Schließlich stehen mit der Sanierung des Brenzer Kindergartens und dessen Erweiterung um eine Kinderkrippe bereits in diesem Jahr erneut merkliche Investitionen die zum benannten Abmangel hinzukommen.
Auch hier machen sich wieder die von höherer Stelle festgelegten Gesetze bemerkbar. Denn aufgrund des ab August geltenden Rechtsanspruchs für Einjährige auf eine Betreuung, war es schlichtweg unsere Pflicht und eben keine freiwillige Entscheidung, abermals Geld in die Hand zu nehmen. Gerade auch vor diesem Hintergrund plädieren die Freien Wähler dafür, alles daran zu setzen, um den Planansatz von knapp 460.000 Euro halten zu können. Denn so wichtig die Erfüllung dieser Pflichtaufgaben ist, so sehr müssen wir auch darauf achten, dass wir uns an dieser Stelle nicht vergaloppieren und uns damit an anderer Stelle beschneiden.
Zweifelsfrei gibt es eben auch zahlreiche freiwillige Aufgaben, die wichtig für eine Kommune sind. Dies lässt sich auch am Beispiel Kinderbetreuung zeigen. All die verbesserten Betreuungsangebote führen nämlich zu wenig, wenn sich diese mit Eintritt in die Grundschule auf einmal wieder merklich verschlechtern. Daher haben die Freien Wähler die Einführung einer Ferienbetreuung für Grundschulkinder durchgesetzt und die Verwaltung auch aufgefordert, sich über die Freitagnachmittagbetreuung dieser Kinder Gedanken zu machen.
Ebenso sinnvoll und dringend erforderlich war die Einstellung einer Schulsozialarbeiterin an der Werkrealschule. Trotz stattlicher Zuschüsse führt aber eben auch eine solche, zweifelsfrei notwendige Aufgabe zu zusätzlichen Belastungen im Gemeinehaushalt, die es gilt zu bewerkstelligen.
Abschließend sei zum Verwaltungshaushalt gesagt, dass die Gemeinde Sontheim trotz einer Reduzierung des Kreisumlagehebesatzes um einen Prozentpunkt, dieses Jahr auch eine Rekordsumme von 1,8 Millionen Euro an den Kreis abführen wird. Gleichzeitig steigt auch die Finanzausgleichsumlage an und erreicht nun einen Wert von 1,15 Millionen Euro. Beides ist finanzausgleichsbedingt und beides schränkt den Spielraum in unserem Verwaltungshaushalt natürlich ein.
Dennoch: Es sind selbstverständlich nicht nur die laufenden Kosten, die uns in diesem Jahr vor große Herausforderungen stellen. Vielmehr ist der Vermögenshaushalt wieder einmal stattlich gefüllt und erreicht ein Volumen von 4,5 Millionen Euro, das erst einmal finanziert werden muss. Rücklagen und Zuführung aus dem Verwaltungshaushalt werden hierfür wohl nicht ausreichen.
Zwei große Projekte in diesem Jahr wurden bereits benannt. Zum einen der Kindergarten in Brenz, zum anderen die Osttangente, die natürlich auch in diesem Jahr weitergebaut wird. Hinzu kommt die dringend erforderliche Neuanschaffung eines Mannschaftstransportwagens für die Feuerwehr Sontheim.
Ein besonderes Anliegen war den Freien Wählern zudem die spürbare Aufstockung des eingeplanten Betrags für Grunderwerb auf nunmehr 600.000 Euro. Dem Antrag der Freien Wähler auf eine solche Erhöhung lagen dabei gleich zwei Intensionen zu Grunde.
1.Müssen wir dringend wieder Bauplätze auf Sontheimer Gemarkung anbieten. Die FWV hat bereits vor zwei Jahren die Ausweisung eines Baugebiets Weiherbraike beantragt. Denn schon damals fanden wir es falsch, dass bauwilligen Personen, die zwar in Sontheim bauen wollen, allerdings die Dorflage bevorzugen, nicht mit gemeindeeigenen Bauplätzen versorgt werden können. Dies hat aus Sicht der Fraktion der Freien Wähler vielfach dazu geführt, dass diese bauwilligen Personen auf Nachbarorte ausgewichen sind, in denen Bauplätze in unmittelbarer Dorflage zur Verfügung standen.
Nun hat sich die Lage zusätzlich verschärft. Im Rahmen der Schuldenkrise flüchten nämlich immer mehr Bürger in das so genannte Betongold, was durch das sehr niedrige Zinsniveau zusätzlich begünstigt wird. In der Folge wurden die Bauplätze im Gebiet Riegele noch schneller verkauft als erwartet. Die Gemeinde kann somit bauwilligen Bürgern überhaupt keine Plätze mehr in Sontheim anbieten. Angesichts der weiteren Entwicklung unseres Dorfes ein Fiasko.
Unser Anliegen mit dem Verweis auf die Innenentwicklung abzuschmettern greift daher auch zu kurz. Denn zum einen wurde vom beauftragten Planungsbüro ohnehin bestätigt, dass auch die Weiherbraike eine Form der Innenentwicklung wäre. Zum anderen hat sich gezeigt, wie langwierig und mühselig sich die Prozess gestalten, bestehende Baulücken zu schließen. Auch müssen wir einfach den Wunsch vieler Bauwilliger akzeptieren, in ein Neubaugebiet zu ziehen, in dem vielfach ähnliche Alters- und Familienstadien vereint werden.
Kurzum: Die Freien Wähler sprechen sich ganz klar für jegliche Innentenwicklung aus. Gerade aufgrund unserer Grenzlage zu Bayern, müssen wir aber eben besonders aufpassen, dass wir uns mit strikter Einhaltung der Landesvorgaben nicht ins Abseits stellen.
2. Die Gemeinde muss im Bereich des Grunderwerbs allgemein handlungsfähig sein. Zum Beispiel stehen wir sowohl beim seniorengerechten Wohnen als auch bei der ärztlichen Versorgung vor großen Herausforderungen. Weite Teile der Bevölkerung betrachten diese Entwicklung mit Sorge. Folglich muss die Gemeinde nach Meinung der FWV die Möglichkeit haben, Maßnahmen zur Behebung dieser Problematik zu ergreifen. Die Freien Wähler haben sich daher auch öffentlich und eindeutig dafür ausgesprochen, dass sie zu einem finanziellen Engagement zur Ansiedlung eines Seniorenheims bereit wären. Dies könnte zum Beispiel durch eine Beteiligung an einem der 2-3 potenziellen Grundstücke für solch ein Investment geschehen. Selbstverständlich könnte das Geld aber auch zu einem anderen, dem Gemeinwohl dienlichen Zweck, verwendet werden.
Neben dem skizzierten Ansatz für Grunderwerb umfasst der Vermögenshaushalt darüber hinaus eine Reihe von Maßnahmen, die unter der Kategorie Substanzerhalt und/oder Modernisierung subsummiert werden können. So werden die im Vorjahr von der FWV beantragen 120.000 Euro für die Straßensanierung auch im Jahr 2013 veranschlagt. Zudem herrschte Einigkeit im Gemeinderat darin, den Ansatz für die Kanalsanierung bei 110.000 Euro anzusetzen und somit offensichtlich anfallende Sanierungsarbeiten nicht immer weiter in die Zukunft zu schieben. Weitere Gelder für die Ortskersanierung Sontheim und eine längst überfällige Ortskernsanierung Bergenweiler runden das Profil ab.
Die Freien Wähler begrüßen diese Handlungsweise ausdrücklich. Aus unserer Sicht ist es wichtig und richtig in die bestehende Substanz zu investieren, denn die Folgekosten einer Vernachlässigung solcher Posten fallen oftmals weit höher aus. Deshalb haben wir uns bei all den Maßnahmen auch lediglich etwas versperrt, als es um die Sanierung der Brenzbrücke ging. Angesichts zahlreicher maroder Straßen in unserer Gemeinde, fiel es uns dabei einfach etwas schwer, diese doch eher schwach frequentierte Brücke ganz oben in der Prioritätenliste anzusiedeln. Das zusätzliche Wirrwarr um Sanierung und Neubau trug dann noch das Übrige bei. Letztlich ist aber einfach zu akzeptieren, dass für Brücken andere Spielregeln gelten. Die Brenzbrücke wurde daher mit 150.000 Euro im Haushalt veranschlagt.
Im Sinne des Substanzerhalts ist für uns ebenfalls nachvollziehbar, dass für die Schule und den Franziskuskindergarten Planungsgelder bereit gestellt werden, um die Kosten einer Sanierung bzw. eines Umbaus einmal zu beziffern.
Letztlich wäre eine solche Erfassung im Sinne einer wahren mittel- bis langfristigen Finanzplanung wohl für alle gemeindlichen Hallen, Schulen etc. notwendig. Denn nur so könnte einmal eruiert werden, mit welchem Investitionsbedarf künftig zu rechnen und wie stark wir hierdurch gebunden sein werden. Dies würde – sofern notwendig - auch eine frühzeitige und klare Priorisierung erlauben, anstatt mehr oder weniger ad hoc einfach auf anfallende Schäden zu reagieren.
Natürlich sind wir uns bewusst, dass eine solch genaue Untersuchung aller Objekte finanziell nicht abzubilden ist. Eine Zusammenstellung des Alters von Hallen, sanitären Einrichtungen etc. könnte zusammen mit den Kenntnissen der ortskundigen Gemeindebediensteten aber vielleicht auch schon einen guten Überblick geben. Letztlich geht es uns auch nicht gleich um die letzte Stelle hinter dem Komma, sondern vielmehr um eine Sensibilisierung für dieses Thema. Die Freien Wähler beantragen daher, diesen Punkt bei einer der nächsten Gemeinderatssitzungen einmal mit auf die Tagesordnung zu nehmen.
Herr Bürgermeister Kraut, meine Damen und Herren, die FWV stimmt dem Haushaltsplan 2013, dem Wirtschaftsplan der Wasserversorgung und der mittelfristigen Finanzplanung 2012 bis 2016 zu. Gleiches gilt auch für den Stellenplan.
Wir danken den Gemeinderatskollegen für die konstruktive Zusammenarbeit und Herrn Hoppe, für die Vorbereitung der umfangreichen Unterlagen.
Wir von der FWV sehen der Fortsetzung dieser voraussichtlich nicht leichter werdenden Arbeit im Gemeinderat dennoch erwartungsvoll und zuversichtlich entgegen.
Vielen Dank.
Rede des Fraktionsvorsitzenden Jonas Pürckhauer (es gilt das gesprochene Wort)
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