26.01.2016 - Rede der FWV zum Haushaltsplan 2016

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kraut,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

das zurückliegende Jahr 2015 war von zahlreichen Unglücken, Konflikten und Krisen auf dieser Welt geprägt. Einige dieser Konflikte und Krisen werden uns dabei mit Sicherheit auch in Zukunft weiter beschäftigen. Neue Herausforderungen und Probleme sind zudem absehbar oder werden noch hinzukommen.

Umso erfreulicher ist es daher, dass die Grundstimmung in Deutschland trotz einer zunehmenden weltweiten Unsicherheit positiv zu bleiben scheint. So konnte die deutsche Wirtschaft im vergangen Jahr ein solides Wachstum erzielen. Und nach den aktuellen Prognosen wird dies auch 2016 der Fall sein.

Von dieser guten Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage profitiert auch unsere Gemeinde. Die Steuereinnahmen bleiben ordentlich und können gegenüber 2015 sogar noch einmal etwas zulegen.

Dabei sticht vor allem der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer hervor. Dieser ist in den letzten Jahren spürbar angestiegen und wird 2016 voraussichtlich einen neuen Rekordwert von gut 2,7 Millionen Euro erreichen. Anders als in manch anderen Kommunen ist der Einkommenssteueranteil damit die Einnahmequelle Nummer 1. Die Gewerbesteuer bringt rund eine Millionen Euro ein. Hier werden dafür gleich 200.000 Euro mehr eingeplant als noch 2015. In ähnlicher Weise steigen auch die Schlüsselzuweisungen an. Die Einnahmeseite des Sontheimer Haushaltsplans 2016 weist also ebenfalls keine Spuren der zahlreichen Konflikte und Krisen auf. An anderer Stelle ist unsere Gemeinde allerdings sehr wohl von den gegenwärtigen Entwicklungen betroffen.

So werden auch wir durch die derzeitigen Flüchtlingsströme vor immense organisatorische und finanzielle Herausforderungen gestellt. Der Grund: Nach Entscheidung über den Asylantrag bzw. spätestens nach 24 Monaten in Obhut des Landkreises, sind die Kommunen für die weitere Unterbringung der Flüchtlinge zuständig. Aufgrund dieser gesetzlichen Vorgabe geht es also alleine darum, „wie“ man entsprechende Plätze schafft, aber eben nicht mehr um das „ob“.

Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass alleine die Gemeinde Sontheim je nach Szenario jährlich circa 32 bis 60 Asylsuchende im Rahmen der so genannten Anschlussunterbringung mit Wohnraum zu versorgen hat. Dieser Wohnraum muss natürlich erst einmal vorhanden sein. Der Handlungsbedarf ist somit enorm.

Insofern kam es für Verwaltung und Gemeinderat natürlich gelegen, dass die Kreisbau das Angbeot unterbreitete, im Rahmen eines Förderprogramms des Landes einen entsprechenden Wohnblock in der Schillerstraße zu errichten. Die dortigen Anwohner sahen das naturgemäß vielfach anders und traten dem Vorhaben mit einer gewissen Skepsis oder sogar Angst gegenüber. Letztlich ist dies aber schlichtweg menschlich und sollte nicht verurteilt werden. Vielmehr war es zweifelsfrei richtig, im Laufe des Prozesses auf eine Abspeckung des Bauvorhabens hinzuwirken und die Zahl der Wohneinheiten zu verringern.

Mehr konnten wir allerdings nicht tun und hier können wir nur noch einmal um Verständnis bitten. Denn etwaige Alternativen mussten sich nun einmal am Vorhaben der Kreisbau messen lassen.

Mit Fokus auf das gesamte Gemeinde- und Gemeinwohl hat die große Mehrheit der FWV dem Vorhaben daher aus folgenden drei Gründen zugestimmt:

1. Das Vorhaben bietet einen zügigen Lösungsansatz für eine größere Zahl an Wohnplätzen. Dies ist nach unserer Auffassung sehr wichtig, um Hallenbelegungen etc. wie man sie aus anderen Kommunen bereits kennt, so gut es geht zu vermeiden.

2. Sehen wir in dieser Lösung auch die langfristige zur Verfügung Stellung von zentral gelegenem, barrierearmen Wohnraum, der also auch nach Ablauf der Bindungsfrist von 10 Jahren sinnvoll genutzt werden könnte. Stichwort ist hier der demographische Wandel und der damit zunehmende Bedarf an seniorengerechtem Wohnraum. Diese weitere Nutzung ist neben weiteren betriebswirtschaftlichen Aspekten übrigens auch mit der Grund, warum die Kreisbau das Vorhaben unbedingt in der Schillerstraße bei den bereits vorhandenen Kreisbauwohnungen realisieren möchte.

3. Bedeutet das Angebot vor allem aber auch eine erhebliche finanzielle Entlastung. Schließlich investiert die Kreisbau bei diesem Projekt einen Millionenbetrag. Die eigene Schaffung dieses Wohnraums hätte die Gemeinde vermutlich also mehrere Hunderttausend Euro gekostet. Nun erhalten wird diesen quasi zum Nulltarif. Denn die Gemeinde muss hierfür nicht nur keine Baukosten in die Hand nehmen, sondern auch keine Folgekosten in Form von Hausmeister-tätigkeiten, Sanierungen usw. tragen. In diesem speziellen Fall kommt sogar noch hinzu, dass die Gemeinde noch nicht einmal ein Grundstück einbringen muss, denn dieses ist bereits im Besitz der Kreisbau.

Gerade das letztgenannte, finanzielle Argument sollte dabei keinesfalls einfach so bei Seite gewischt werden. Denn auch in einer Kommune kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden. Umso wichtiger ist es daher, sich wo es geht, finanzielle Freiräume zu schaffen. Deutlich wird dies spätestens bei einer Analyse des aktuellen Haushaltsplans. Denn zur Erfüllung dieses Plans muss unsere Gemeinde auch ohne Investitionskosten für Wohnraum neue Kredite in Höhe von 1,5 Millionen Euro aufnehmen. Die Verschuldung wird demnach auf 7,4 Millionen Euro ansteigen. Eigenbetriebe und Zweckverbände sind dabei noch gar nicht eingerechnet.

Eine wesentliche Ursache der Verschuldung ist dabei freilich das seit Jahren hohe Volumen des Vermögenshaushaltes mit vielen notwendigen und sinnvollen Projekten. Zu denken ist hierbei zum Beispiel an die Investitionen in die Kinderbetreuung, den Bau der Osttangente oder die Schaffung von Bauplätzen im Gebiet Weiherbraike.

Auch 2016 werden mit 5,35 Millionen Euro wieder besonders viele Gelder im Vermögenshaushalt veranschlagt. Das geplante Investitionsvolumen ist dabei erneut beachtlich.

Als Großprojekte schlagen auf der Ausgabenseite die Neugestaltung der Hauptstraße in Sontheim und die Sanierung der Dorfstraße in Bergenweiler zu Buche. Beide Maßnahmen stehen schon lange auf der Wunschliste der FWV.

Mit dem Bauabschnitt 1 konnte die Umgestaltung der Hauptstraße 2015 auch endlich in Angriff genommen werden. Darüber hinaus ist die Fertigstellung des Bauabschnitts 2 fest im aktuellen Haushalt verankert. Die Freien Wähler begrüßen zudem sehr, dass dieser neben den Ausgaben von knapp 1,4 Millionen Euro für das Jahr 2016 auch eine Verpflichtungsermächtigung für den letzten Bauabschnitt 3 beinhaltet.

Insgesamt werden für die Umgestaltung der Hauptstraße gut 3,2 Millionen Euro benötigt. Nach derzeitigem Stand ist aber davon auszugehen dass durch Sanierungs-programm und Ausgleichsstock fast 50 Prozent dieser Kosten durch Zuschüsse getragen werden.

Bei der Dorfstraße fällt die Förderung mit knapp 30 Prozent merklich geringer aus, da diese nicht mit Mitteln des Sanierungsprogramms sondern durch das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum bezuschusst wird. Dennoch ist es aus Sicht der Freien Wähler richtig, rund 1,1 Millionen Euro von Seiten der Gemeinde zu tragen und die Sanierung in diesem Jahr endlich umzusetzen. Schließlich wurden die Bergenweiler Bürger nun wirklich schon sehr lange auf die Geduldsprobe gestellt. Und wer sagt uns, dass wir zu einem späteren Zeitpunkt wirklich mehr und nicht eher weniger oder sogar gar keine Zuschüsse mehr bekommen hätten?

Letztlich ist auch festzuhalten, dass beide skizzierten Maßnahmen dem so wichtigen Substanzerhalt dienen. Zudem werden hierdurch Werte geschaffen. Werte, die unsere Gemeinde lebens- und liebenswert machen und/oder die weitere Entwicklung fördern und vorantreiben. Ähnlich verhält es sich auch mit zahlreichen, weiteren Vorhaben die im Vermögenshaushalt enthalten sind. Zu nennen wären hier zum Beispiel der verbleibende Zuschuss an die Katholische Kirche für die Sanierung des Franziskuskindergartens, die Gelder für den eventuellen Bau eines Spielplatzes oder einer Brücke für das Wohngebiet Oberer Bogen, die obligatorischen Mittel für die Ortskernsanierung und die Kanalsanierungen aufgrund der Eigenkontrollverordnung oder die Gelder für notwendige Anschaffungen, die im Laufe der Jahre nun einfach einmal anfallen, wie zum Beispiel die Ersatzbeschaffung von Helmen für die Feuerwehr.

Zudem enthält auch der Verwaltungshaushalt einige Posten, die dem Substanzerhalt dienen. Vorneweg sind hier die Mittel für die Unterhaltung der Gemeindestraßen zu nennen. Die FWV begrüßt es dabei sehr, dass dieser Betrag von Seiten der Verwaltung auf nunmehr 200.000 Euro aufgestockt wurde. Denn dies ist nach unserer Auffassung der richtige Weg.

Nicht zuletzt sei erwähnt, dass auf Antrag der FWV auch die Mittel für Grunderwerb um 150.000 auf nunmehr 750.000 Euro aufgestockt wurden. Dies ist aus unserer Sicht unabdingbar, um unsere Gemeinde wirklich aktiv weiter gestalten zu können.

Ohne die Zahlen zur Verschuldung beschönigen zu wollen sei an dieser Stelle zudem wieder angemerkt, dass hierin auch die fast 1,3 Millionen Euro der Netzgesellschaft enthalten sind.

Dennoch: Die finanzielle Situation unserer Gemeinde ist und bleibt angespannt. Dies liegt zu einem Gutteil auch daran, dass die Städte und Gemeinden in den letzten Jahren durch immer mehr Aufgaben in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt und die laufenden Ausgaben auf diese Weise drastisch erhöht wurden, ohne dass wirkliche Einsparmöglichkeiten bestehen.

Aktuelles Beispiel ist auch hier die Flüchtlingsthematik. Denn selbst ohne eigene Investitionskosten wird unser Haushalt ab diesem Jahr zusätzlich belastet. So sind 40.000 Euro für die eventuell bereits notwendige Anmietung von Fremdgebäuden und weitere gut 30.000 Euro für die 75 Prozent-Stelle eines „Flüchtlings-beauftragten“ vorgesehen. Zwar wird insbesondere zweitgenannter Posten gefördert, dennoch bleibt die Kommune auch an dieser Stelle wieder auf weiteren Kosten sitzen. Das Ende der Fahnenstange dürfte bei diesem Thema zudem noch lange nicht erreicht sein.

Noch deutlich prägnanter lässt sich diese Entwicklung am Beispiel der Kinderbetreuung darstellen. So beläuft sich alleine die diesjährige Abmangelbeteiligung an den kirchlichen Kindergärten trotz merklicher Erhöhung der Krippenbeiträge auf über 1,3 Millionen Euro. Das entspricht etwa einer Verdoppelung in den vergangen sieben Jahren und einer weiteren Steigerung gegenüber 2015.

Ursache hierfür ist eine anhaltende Angebotsausweitung, sowohl hinsichtlich des Platzangebots, als auch der Öffnungszeiten. So müssen voraussichtlich auch 2016 weitere Krippenplätze geschaffen werden.

Dies ist im Rahmen eines so genannten TIGER-Modells geplant, bei dem die Kinderbetreuung durch mindestens zwei bei der Gemeinde festangestellte Tagespflegepersonen in einer Einrichtung außerhalb der bestehenden Kindergärten vorgesehen ist. In unserem Fall soll diese Einrichtung wohl das Alte Rathaus sein.

Die Freien Wähler hatten das kostengünstigere TIGER-Modell mit festangestellten Tagespflegepersonen bereits vor einigen Monaten als mögliche Option ins Spiel gebracht. Angesichts der Tatsache, dass eine dauernde und nahezu vollständige Belegung einer weiteren Krippengruppe gegenwärtig nicht absehbar ist, begrüßen wir diesen neuen, innovativen Weg auch.

Festzuhalten bleibt aber, dass mit Kinder- und Flüchtlingsbetreuung 2,35 weitere Personalstellen entstehen. Zusammen mit der Tariferhöhung führt dies zu Gesamtpersonalkosten, die erstmals mehr als zwei Millionen Euro betragen.

Diese Zahlen machen deutlich, warum es gerade für kleinere, ländlich gelegene Kommunen immer schwieriger wird, solide zu wirtschaften. So ist in unserer Gemeinde die Zuführungsrate zum Vermögenshaushalt mit fast einer Millionen Euro zwar eigentlich ganz ordentlich, aber eben bei Weitem nicht ausreichend. Zudem darf nicht vergessen werden, dass sich die gegenwärtige Einnahmensituation für Sontheimer Verhältnisse sogar gut darstellt. Was passiert also, wenn sich die konjunkturelle Lage wieder verschlechtert?

Aus Sicht der Freien Wähler gilt es daher bei allen Entscheidungen Weitblick walten zu lassen. Freiwillige Aufgaben und die damit verbundenen Kosten sind genau abzuwägen. Zudem müssen klare Prioritäten bei den Investitionen und Anschaffungen gesetzt werden.

Eine vernünftige Prioritätensetzung setzt allerdings auch einen möglichst guten Informationsstand über anstehende Bedarfe voraus. Folglich sind Ansätze wie das Straßenerhaltungsmanagement oder der im letzten Jahr neu aufgelegte Bedarfsplan der Feuerwehr konsequent weiter zu verfolgen und auf weitere Bereiche wie zum Beispiel die Schule oder den Bauhof auszuweiten.

Nicht zuletzt tun wir auch gut daran, bei den Haushaltsplanungen gemäß dem Kaufmannsprinzip zu handeln und vorsichtige Ansätze zu wählen. Deshalb haben wir als FWV auch dafür plädiert, den Ansatz für die Verkaufserlöse in der Weiherbraike von 100 auf 80 Prozent zu senken, um auf diese Weise einem höheren Fehlbetrag vorzubeugen.

Herr Bürgermeister Kraut, meine Damen und Herren, die Freien Wähler stimmt dem Haushaltsplan 2016, dem Wirtschaftsplan der Wasserversorgung und der mittelfristigen Finanzplanung 2015 bis 2019 zu. Gleiches gilt auch für den Stellenplan.

Wir danken den Gemeinderatskollegen für die konstruktive Zusammenarbeit und dem scheidenden Kämmerer Herr Hoppe, für die Vorbereitung der umfangreichen Unterlagen.

Wir von der FWV sehen der Fortsetzung dieser voraussichtlich nicht leichter werdenden Arbeit im Gemeinderat dennoch erwartungsvoll und zuversichtlich entgegen.

Vielen Dank.

Rede des Fraktionsvorsitzenden Jonas Pürckhauer (es gilt das gesprochene Wort)
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