23.02.2021 - Rede der FWV zum Haushaltsplan 2021

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kraut,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ein schwieriges und belastendes Jahr liegt hinter uns. Die Corona-Pandemie und seine Auswirkungen verlangen den Menschen viel ab. Und auch die Gemeinde wird durch diese Krise schwer beansprucht. Zum einen durch viele neue Fragestellungen und Aufgaben, zum anderen durch Finanzausfälle.

Der Blick auf die Zahlen des vorliegenden Haushaltsplans 2021 zeigt dennoch, dass wir zumindest finanziell mit einem blauen Auge aus der Corona-Krise davon zu kommen scheinen. Insgesamt gilt sogar, dass unsere Gemeinde nach der neuen doppischen Haushaltsführung nicht so schlecht da steht wie das in vergangenen Jahren prognostiziert wurde. So wird die vom Gemeinderat in einem Eckwertebeschluss festgelegte Schuldenobergrenze für den Kernhaushalt in Höhe von 3,13 Millionen Euro nicht nur 2021, sondern sogar in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2024 nie überschritten. Zudem sind über alle Jahre hinweg lediglich Kreditaufnahmen in Höhe der jeweiligen Tilgungen eingeplant. Das alles macht natürlich Mut.

Dennoch möchten wir als FWV aber vor zu viel Optimismus warnen. Denn aus unserer Sicht beinhaltet das Zahlenwerk für 2021 an einigen Stellen „legale Ergebniskosmetik mit mehreren Unbekannten“.

„Legal“ ist dieses Vorgehen dabei deshalb, weil an keiner Stelle gegen irgendwelche Haushaltsgrundsätze verstoßen wird. Auch möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich den herausragenden Einsatz unseres Gemeinde-kämmerers hervorheben, mit dem dieser immer wieder Optimierungen und Verbesserungen im Gemeindehaushalt angeht.

Auch für eine zentrale Unbekannte kann der Kämmerer wenig. Inwieweit die dem Haushalt zu Grunde liegende November-Steuerschätzung aber tatsächlich schon alle coronabedingten Steuerausfälle beinhaltet, bleibt abzuwarten. Dies gilt vor allem mit Blick auf die Jahre 2022 und 23.

Ähnliches gilt für die derzeit berücksichtigten Abschreibungen auf das Vermögen der Gemeinde. Deren Höhe hat wesentlichen Einfluss darauf, ob und wie ein ausgeglichener Haushalt erzielt werden kann. Wie bereits bei der Haushaltseinbringung für das Jahr 2020 im Juli letzten Jahres angemerkt, empfinden wir die derzeit recht pauschal angesetzten Abschreibungen dabei als niedrig. Sollte die an einigen Stellen noch ausstehende Bewertung des Gemeindevermögens aber tatsächlich zu höheren Abschreibungsbeträgen führen, würde dies auch bedeuten, dass dieser erhöhte Betrag erst einmal erwirtschaftet werden müsste. Auch diese Unbekannte führt also dazu, dass die ausgeglichenen Ergebnishaushalte bis 2024 gewissermaßen auf tönernen Füßen stehen.

Damit kommen wir zum dritten Punkt – der Ergebniskosmetik. Dabei ist vor allem anzumerken, dass der Kernhaushalt der Gemeinde Sontheim mit der Schaffung von Eigenbetrieben für die Entwässerung und die Wasser-versorgung um markante Kostenblöcke erleichtert wurde. Anders als beim Kernhaushalt liegen die Kreditaufnahmen beim Eigenbetrieb Entwässerung im Jahr 2021 aber deutlich über den zu leistenden Tilgungen. Gleiches gilt für die Jahre 2022 und 23.In einer Betrachtung der Gesamtfinanzen nimmt die Verschuldung der Gemeinde in diesen Jahren also sehr wohl zu und auch am Ende des Jahres 2024 werden wir nach den vorliegenden Planzahlen mehr Schulden haben als dies heute mit rund 8,7 Millionen Euro der Fall ist. Insgesamt sollten wir mit Blick auf unsere Gemeindefinanzen also weiterhin Vorsicht walten lassen.

Natürlich stehen diesen nüchternen Finanzdaten aber auch Werte in Form einer Vermögensmehrung gegenüber. So sind alleine im Kernhaushalt 2021 über 5,5 Millionen Euro an investiven Mitteln vorgesehen. Bis Ende 2024 sollen sogar fast 14 Millionen Euro in Investitionen fließen. Die aus Sicht der FWV ebenfalls dringend zu forcierende Generalsanierung der Hermann-Eberhardt-Halle ist dabei mangels in Aussicht stehender Fördergelder noch nicht einmal enthalten. An dieser Stelle sollte die Gemeindeverwaltung aber weiterhin die Augen nach geeigneten Fördertöpfen offen halten und diese Maßnahme dann kurzfristig ins Investitionsprogramm mit aufnehmen.

Auf der anderen Seite gilt es natürlich aber auch, all diese Vorhaben auch wirklich zu realisieren. So schieben wir seit Jahren einen irgendwie nicht kleiner werden wollenden Berg an Maßnahmen vor uns her, die eigentlich schon lange abgearbeitet sein sollten. Mit Blick auf die vergangenen Jahre gilt dabei, dass dies nur in den seltensten Fällen mit Kostenreduzierungen verbunden war. Vielmehr kam es zum Teil sogar zu deutlichen Kosten-steigerungen, da die Baupreise immer weiter zugelegt haben. Insofern bedauern wir es sehr, dass die mit dem Haushaltsplan 2019 extra neu geschaffene Sachbearbeitungsstelle bis heute nicht besetzt wurde und wichtige Grundlagen für die Besetzung anderer, offener Stellen seit langer Zeit fehlen. Wir fordern daher ein, dass mit Blick auf die fehlenden Organisations-untersuchungen und Stellenbewertungen endlich Ergebnisse erarbeitet und dem Gemeinderat vorgelegt werden.

Vor diesem Hintergrund fiel es uns als FWV auch schwer, die Beauftragung eines Projektsteuerers bei der Hängepartie Schulsanierung zu befürworten. Nicht nur, weil es über einen langen Zeitraum mit dem Bestandspersonal gelungen ist, diese Maßnahme zu begleiten und dies aus unserer Sicht sicherlich auch für den verbleibenden, recht kurzen Zeitraum irgendwie geklappt hätte. Sondern vor allem auch, weil jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann. Dabei hätten wir die veranschlagten 70.000 Euro lieber für die Kinder verwendet. Auch stellt sich insgesamt die Frage, ob bei dieser Maßnahme ein Ende mit Schrecken nicht die bessere Alternative zu einem Schrecken ohne Ende gewesen wäre. Ich kann an dieser Stelle aber auch gleich sagen, dass unsere Fraktion sehr gerne akzeptiert, wenn sich dies nicht bewahrheitet.

Sehr positiv ist für uns auf der anderen Seite die Entwicklung bei den Wohnbaugebieten. Noch in diesem Jahr soll das Riegele II in den Verkauf gehen. Zudem sind rund 1,5 Millionen Euro für die Erschließung des Gebietes Weiherbraike II vorgesehen. 2022 folgen noch einmal 260.000 Euro für die Herstellung von weiteren Bauplätzen im Gebiet Watzelsdorfer Straße. Die Verwaltung setzt an dieser Stelle also konsequent den vor einigen Jahren erstellten Plan zur Entwicklung von Bauplätzen um. Natürlich könnte es immer noch schneller gehen und angesichts der enorm hohen Nachfrage wäre wohl sogar ein Mehrfaches der geplanten Bauplätze veräußerbar. Letztlich ist es mit diesem strategischen Ansatz aber gelungen, fast kontinuierlich Bauplätze in unserem Gemeindegebiet anbieten zu können. Daher regen wir als Fraktion auch an, diesen Plan zeitnah über das Jahr 2022 hinaus fortzuschreiben und entsprechende Gebiete zu diskutieren. Auch möchten wir an dieser Stelle noch einmal die Bedeutung des bereits von uns mündlich formulierten Antrags auf eine Anpassung unserer Vergaberichtlinien untermauern. Denn angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Interessenten die der Bauplätze um ein Vielfaches übersteigt, müssen wir im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten dafür sorgen, dass Menschen die in Sontheim wohnen oder dort schon einmal längere Zeit gewohnt haben, auch verstärkt zum Zuge kommen. Dabei sollten aus unserer Sicht auch weitere Kriterien, wie die Zahl der Kinder oder auch das ehrenamtliche Engagement vor Ort eine Rolle spielen. Wir bitten die Verwaltung daher, zeitnah einen Vorschlag für eine zielführende und zugleich möglichst unbürokratische Lösung zu erarbeiten, so dass bereits bei der Vergabe im Riegele II diese neuen Kriterien Anwendung finden können.

Mit Blick auf die Innenentwicklung sind aus Sicht der FWV auch die berücksichtigten Gelder für das Sanierungsgebiet Gruiben sehr begrüßenswert. Diese belaufen sich alleine bis 2024 auf 2 Millionen Euro, rund 40 Prozent sind dabei von der Gemeinde zu tragen. Mit diesen Mitteln kann es somit gelingen, in einem Herzstück von Sontheim Sanierungs- und Erneuerungsimpulse zu setzen.
Darüber hinaus ist das Sanierungsgebiet auch eine wichtige Randbedingung für das angedachte Radverkehrskonzept. Dieses Radverkehrskonzept ist nach unserer Auffassung wiederum wichtig, um die Anbindung des Oberen Bogens mit einer Brücke an das Gemeindegebiet in einen größeren Kontext einbinden zu können. Zur Klarstellung: Als FWV standen und stehen wir einem solchen Brückenschlag schon immer sehr positiv gegenüber. Die vollkommen alleinstehende Forderung nach einer Brücke für den Oberen Bogen, die in dieser Art zum Teil vehement vorgebracht wurde, war und ist aus unserer Sicht aber politisch brisant. Denn wenn es tatsächlich alleine um eine Anbindung und damit gewissermaßen eine Erschließung des Oberen Bogens gehen würde, könnte man zumindest einmal die Frage stellen, warum dies dann nicht auf die Erschließungsbeiträge umgelegt wurde. Auch kann eine solche Formulierung schnell Begehrlichkeiten an anderen Stellen wecken. Insofern sind wir froh, dass mit dem Radwegekonzept nun ein größerer und sinnvoller Rahmen für die hoffentlich zeitnahe Realisierung dieser Anbindung gefunden wurde.

Auf eine zeitnahe Realisierung setzen wir auch bei der Erschließung des Gewerbegebiets am Meilenstein. Bereits im April 2014 hat unsere Fraktion beantragt, in diesem Gebiet attraktive Gewerbeflächen zu schaffen. Sieben Jahre später sind wir hier nun einen großen Schritt weiter und die Gelder für eine Umsetzung sind im Haushalt eingestellt. Leider zogen in diesem langen Zeitraum aber wirtschaftlich prosperierende Jahre mit zahlreichen Expansions- und Ansiedlungsvorhaben an uns vorbei. Vor diesem Hintergrund beantragen wir auch, dass bereits jetzt Überlegungen für das nächste Gewerbegebiet diskutiert und erste Schritte in die Wege geleitet werden. Denn wir müssen auch beim Thema Gewerbeflächen kontinuierlich handlungsfähig sein.

Um Handlungsfähigkeit geht es auch bei den eingeplanten Mitteln für Grunderwerb. Wie bei den Haushaltsberatungen angemerkt, muss an dieser Stelle im Zeitverlauf eventuell noch nachgebessert werden um sinnvolle Entwicklungschancen auch wirklich vollumfänglich ergreifen zu können. An dieser Stelle möchten wir vor allem noch einmal die ärztliche Versorgung ansprechen. Denn hier muss die Gemeinde aus unserer Sicht alle ihr zu Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpfen um die Versorgung auf Dauer zu sichern und zu optimieren.

Ein für viele Mitbürgerinnen und Mitbürger brennendes Thema ist auch die Kinderbetreuung. Zunehmende Kinderzahlen führen nämlich dazu, dass gerade im Kindergartenbereich die Plätze knapp werden. Insofern sind die im Haushalt vorgesehenen Gelder in Höhe von 150.000 Euro zur Schaffung weiterer Kindergartenplätze wichtig und richtig. Gleiches gilt für die 450.000 Euro zur Einrichtung einer Krippengruppe im Franziskuskindergarten, um auch im U3-Bereich den dort geltenden Rechtsanspruch erfüllen zu können. Dabei ist es aus unserer Sicht auch sinnvoll, diese Plätze nun an einem dritten der vier Kindereinrichtungsstandorte zu schaffen und somit neben der Quantität auch die Qualität des Angebots zu erhöhen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine vermutlich wieder leichter zu realisierende wohnnahe Betreuung und die gemeinsame Unterbringung von Geschwisterkindern in einer Einrichtung. Insofern appellieren wir auch dringend an die handelnden Akteure, die doch stark in Verzug geratene Maßnahme nun auch umzusetzen.

Bei einer ganzheitlichen Betrachtung der finanziellen Auswirkungen der Kinderbetreuung ist neben den Investitionen zudem auch immer die so genannte Abmangelbeteiligung an den kirchlichen Kinderbetreuungs-einrichtungen zu berücksichtigen. Denn mit dem Bau einer Räumlichkeit ist dieses Thema eben noch lange nicht abgegolten. Vielmehr kommen zu den einmal anfallenden Investitionskosten auch noch laufende Kosten hinzu, die Jahr für Jahr aufs Neue anfallen, um die verfügbaren Plätze zu erschwinglichen Preisen anbieten zu können. So beläuft sich diese Abmangelbeteiligung an den kirchlichen Kindergärten alleine für das Haushaltsjahr 2021 auf über 1,7 Millionen Euro. Natürlich gibt es auch an dieser Stelle - wie bei den genannten Investitionen - Unterstützung von Seiten des Landes. Dennoch verbleibt ein beachtlicher Teil bei der Gemeinde, der mit dem weiteren Ausbau in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen wird. Das Beispiel der Kinderbetreuung verdeutlicht dabei exemplarisch, dass durch immer mehr und neue Aufgaben den Kommunen ein solides Wirtschaften deutlich erschwert wird.

Mit Blick zurück auf die anstehenden Investitionsprojekte ist ein weiterer Schwerpunkt in dem aus FWV-Sicht sehr bedeutsamen Bereich Substanz-erhalt auszumachen. Hier freut es uns sehr, dass im Haushalt 21 rund 380.000 Euro für die Sanierung verschiedener Feldwege vorgesehen sind. Auch die mit 180.000 Euro geplante Sanierung der Luitprandstraße ist aufgrund deren Eingruppierung im Straßenzustandskataster der Gemeinde und möglichen Synergieeffekten mit anderen Vorhaben absolut begrüßens-wert. Zugleich ist es der FWV wichtig, die nun in 2022 veranschlagte Sanierung der Gartenstraße auch wirklich dann in Angriff zu nehmen und nicht ein weiteres Mal zu verschieben. Auch insgesamt sind wir der Meinung, dass künftig vermutlich noch stärker in die Substanz investiert und klare Prioritäten gesetzt werden müssen. Dies erfordert im Sinne einer mittel- bis langfristigen Finanzplanung allerdings, dass mehr als bisher auch schon frühzeitig Informationen dazu vorliegen, mit welchem Investitionsbedarf künftig überhaupt zu rechnen ist und welche Substanz zum Beispiel entsprechende Gebäude aufweisen. Hier erhoffen wir uns auch von der vielfach noch anstehenden Vermögensbewertung im Rahmen der Doppik einen gewissen Erkenntnisgewinn.

Neben dem Substanzerhalt ist es natürlich aber auch wichtig, neuere Infrastrukturen wie das Breitband sukzessive auszubauen. Hier sind bereits für 2020 mit einem Volumen von 2,6 Millionen Euro - von denen fast 90 Prozent gefördert werden - hohe Beträge bereitgestellt worden. Wichtig ist an dieser Stelle aber ebenfalls, diese Maßnahmen nun auch umzusetzen.

Ähnliches gilt für eine weitere dringend benötigte, neue Infrastruktur: Ein Feuerwehrgerätehaus. Bei diesem Vorhaben befinden wir uns bereits seit geraumer Zeit in einem Schwebezustand. Daher hat unsere Fraktion Ende letzten Jahres auch beantragt, dass die Gemeindeverwaltung Feuerwehr und Fraktionsvorsitzende zu einem Gespräch einlädt, in dem der aktuelle Ist-Stand und die weiteren Schritte gemeinschaftlich besprochen werden. Zugleich muss bei diesem dankenswerterweise nun auch fixierten Termin ebenfalls besprochen werden, wie der Zeitraum bis zur Fertigstellung eines neuen Feuerwehrgerätehauses überbrückt werden kann. Die Frage ist an dieser Stelle nämlich, ob und wenn ja wie die Feuerwehr in den bestehenden Räumlichkeiten gewissenhaft Arbeiten kann. Die Fertigstellung eines rund fünf Millionen Euro teuren, neuen Feuerwehr-gerätehauses ist laut Haushaltsplan immerhin erst im Jahr 2023 vorgesehen.

Mit diesem Blick auf das größte und unseres Erachtens mit wichtigste Investitionsprojekt der nächsten Jahre möchte ich die Haushaltsrede der Freien Wählervereinigung schließen.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kraut, die FWV wird den in der Vorlage unterbreiteten Beschlüssen zum Haushaltsplan und den beiden Eigenbetrieben zustimmen.
Wir danken den Gemeinderatskollegen für die konstruktive Zusammenarbeit und unserem Kämmerer Herrn Schmid, für die Vorbereitung der umfangreichen Unterlagen sowie seine vielen Gedanken und Ideen.

Vielen Dank.

Rede des Fraktionsvorsitzenden Jonas Pürckhauer (es gilt das gesprochene Wort)
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